Der Beginn der Wanderung und die Gedanken, die davon noch übrig sind. Hätte ich eigentlich zu Anfang schreiben sollen, aber wie so vieles im Leben, erinnere ich mich erst jetzt an die Anfänge.
Ich saß im Flugzeug und es gab Käsebrötchen. Meine Wanderung begann. Erst jetzt, hier im Flugzeug, nach dem Einchecken im Flughafen, nach dem Verabschieden von J., der mich nach Hahn gefahren hat (Thanks, Buddy!) beginnt meine Wanderung. Eine Reise zum Ende der Welt begann. Eine Reise, von der viel zu lesen war, viele sie bereits gemacht haben, viele aus unterschiedlichsten Motivationen und Beweggründen eine lange Auszeit auf sich genommen haben. Der Flug sollte zweieinhalb Stunden dauern; dann bin ich fast dort. Ich wusste nicht, was mich wie und wo erwartet. Etwas beruhigend war zu sehen, dass eigentlich die überwiegende Mehrheit der Passagiere offenbar das gleiche wie ich vor hatten. Rucksäcke, Wanderstäbe, Wanderschuhe wohin ich schauen konnte. Ich bräuchte mich eigentlich nur dem Herdentrieb anschliessen und den anderen folgen, dachte ich mir.
Das Gefühl der Unwissenheit macht sich bereit. Habe ich mich genügend informiert? Habe ich genügend Bücher gelesen, fehlt mir irgendwas. Normalerweise informiert man sich ja über sein Reiseziel. Man liest sich ein, kennt sein Ziel bevor man überhaupt dahin aufgebrochen ist. Bei einigen Reisen in der Vergangenheit habe ich mir einiges angelesen, angeschaut und angehört. Verstanden geschweige begriffen hatte ich nichts. Das Angelesene hat sich wie ein Filter vor die Eindrücke gelegt und so Erfahrung und Vorstellungskraft betäubt. Dieses Mal wollte ich es anders machen. Ich wusste nur aus meinem „Tagsroutenführer“ etwas über die Landschaft und Etappen und was ich mir bei meinem „Steigbügelhelfer“ Hape angelesen habe. Gut, zugegeben, zwei Diavorträge gaben mir im November „den Rest“ zur Entscheidungsfindung, aber wird alles so sein, wie jemand das vor 7 Jahren erlebt hat und wie es von Profifotografen eingefangen wurde? Ich muss mich selbst davon überzeugen, war einer der Gedanken bei der Landung in Biarritz. Ich werde einen freien Fall der Eindrücke und Erlebnisse haben. Unbelastet, unvoreingenommen, unverbaut. Ohne grosse Diskussionen und Parallelen zu anderen. Das klingt jetzt alles etwas esotherisch, aber war und ist ein guter theoretischer Überbau für mich, da ich keine Lust habe, tiefgründigere Gründe zu ergründen und den altklugen Bildungsbürger zu spielen. Es wird bestimmt auch eine Reise der Zufälligkeiten werden. Ein schöner Vorteil der Wanderung ist, dass es eine kostengünstige Reise sind wird. Somit auch ein ideales Ziel für die kostenverstörte, von Zukunftsängsten geplagte Seele. Was soll ich also bleischwer und perspektivleer zuhause herumhängen, wenn man eine spannende Wanderung selbst erleben kann, deren Ausgang ungewiss ist. Ungewiss in Hinblick auf Veränderungen in der Landschaft, den Menschen um sich herum und in und an sich selbst. Für eine Flucht aus dem trostlosen Jammertal ist der Camino Frances das richtige Ziel. Dort sieht man, dass noch viel einfacher zugehen kann. Es beschränkt sich der Tagesablauf auf nur 4 Punkte: Essen, Trinken, Schlafen und Laufen! Mehr nicht… und man ist ausschliesslich sich selbst verantwortlich. Dieser Weg holt einen auf den Boden zurück, machen Mut und Hoffnung.