Zum Abschied von Dr. Hermann „Tischi“ Tischner – Meinem Judo-Meister und Trainer
Mit schwerem Herzen und tiefer Dankbarkeit nehme ich Abschied von Dr. Hermann Tischner, der am 16. Januar 2018 im Alter von 71 Jahren seinen letzten Kampf gegen einen übermächtigen Gegner verloren hat. Als einer seiner Schüler möchte ich das Andenken an einen Mann ehren, der wie kein anderer die wahren Werte des Judo verkörpert und gelebt hat.
Ein Leben im Zeichen des Judo
Hermann, 1947 geboren, widmete sich bereits seit seinem 12. Lebensjahr dem Judo – eine Hingabe, die fast sechs Jahrzehnte andauern sollte. Für den TV Jahn kämpfte er in verschiedenen Jugendmannschaften und entwickelte sich konsequent bis zum 5. Dan weiter. Was Hermann auszeichnete, war sein Streben nach Perfektion – nicht nur technisch, sondern vor allem charakterlich.
Als B-lizensierter Judo-Trainer hat er unzählige von uns zu aufrechten Judoka ausgebildet. Dabei gab er seinen Dan-Trägern stets ein Motto mit auf den Weg, das mich bis heute begleitet: „Dan-Träger sein, heißt Vorbild sein!“ Diese Worte hat er nicht nur gepredigt – er hat sie jeden Tag gelebt und war für uns alle das beste Beispiel dafür.
Der Gestalter und Visionär
Über 30 Jahre lang hat Hermann die Geschicke der Judoabteilung mitgestaltet – erst beim TV 1863 Jahn Nürnberg, später beim TV 1860 Nürnberg Jahn-Schweinau. Im Abteilungsleiterteam und zeitweise sogar als Vereinsvorstand übernahm er Verantwortung, wo andere zurückschreckten. Als es darum ging, dem traditionsreichen Namen eine neue Heimat zu geben, war er selbstverständlich Gründungsmitglied von Jahn Nürnberg 2012.
Sein Engagement reichte weit über unseren Verein hinaus. Im bayerischen Judo-Verband war er aktiv, zuletzt bis Anfang 2016 als Kassenprüfer. Die goldene Ehrennadel des Bayerischen Judo-Verbandes, die ihm im Mai 2016 verliehen wurde, war eine mehr als verdiente Anerkennung für seine jahrzehntelange Arbeit für den Judosport.
Mein persönlicher Weg mit Hermann
Unter Hermanns Anleitung lernte ich nicht nur die Techniken des Judo, sondern vor allem dessen Philosophie. Er lehrte mich, dass wahre Stärke nicht darin liegt, den Gegner zu besiegen, sondern sich selbst zu überwinden. Seine ruhige, bedachte Art und sein unerschütterlicher Glaube an die Werte des Judo prägten mich nachhaltig.
Unvergessen bleibt für mich die legendäre Schwert-Kata, die er zusammen mit Whisky bei der 50-Jahrfeier der Judoabteilung vorführte – Hermann mit verbundenen Augen, ein Zeichen absoluten Vertrauens und perfekter Beherrschung. Diese Vorstellung war ein Sinnbild für seine Meisterschaft: technische Perfektion gepaart mit spiritueller Tiefe. Last but not least, wie oft hat er mich immer angesprochen „Bist du aus England wieder zurück!“ :-)
Ein wahrer Sensei
Hermann verkörperte alles, was einen wahren Sensei ausmacht. Er war Lehrer, Mentor und Vorbild zugleich. Seine Geduld mit uns Schülern kannte keine Grenzen, und seine Fähigkeit, komplexe Techniken und tiefere Bedeutungen des Judo zu vermitteln, war außergewöhnlich. Niemals habe ich ihn die Ruhe oder den Respekt verlieren sehen – selbst in schwierigsten Situationen blieb er der Fels in der Brandung.
Der Kämpfer bis zum Schluss
Dass Hermann seinen letzten Kampf gegen die Krankheit mit der gleichen Würde führte, mit der er sein ganzes Leben gemeistert hat, überrascht mich nicht. Auch in seinen schwersten Stunden blieb er der Kämpfer, der uns lehrte, niemals aufzugeben und stets mit Ehre zu handeln.
Dankbarkeit und Abschied
Lieber Hermann, du warst mehr als nur mein Judo-Meister. Du warst ein Wegweiser, der mir zeigte, dass Judo weit über den Sport hinausgeht. Dein Motto „Dan-Träger sein, heißt Vorbild sein!“ trage ich in meinem Herzen und versuche es jeden Tag zu leben, so wie du es uns vorgelebt hast.
Die goldene Ehrennadel des Bayerischen Judo-Verbandes war nur eine äußere Anerkennung dessen, was du für den Judosport geleistet hast. Deine wahre Auszeichnung sind die unzähligen Judoka, die du geprägt und zu besseren Menschen gemacht hast.
Wenn ich an dich denke, sehe ich dich im siebten Judo-Himmel zusammen mit Whisky diese unvergessliche Schwert-Kata vorführen – diesmal für die Ewigkeit.
Arigatou gozaimashita, Hermann Sensei! Wir werden dich für immer vermissen, aber deine Lehren und dein Vorbild leben in uns allen weiter.
In ewiger Dankbarkeit – einer deiner Schüler